Rolf Göbbert verbindet Störtebeker-Mythen mit der Burg Langwedel – eine Spurensuche zwischen Fakten, Fiktion und familiären Verflechtungen
Einmal im Jahr wird Klaus Störtebeker in Verden zum Leben erweckt – zumindest symbolisch: Dann verteilt der legendäre Seeräuber nach alter Tradition Brot und Heringe an die Bevölkerung. Aber was hat der legendäre Pirat wirklich mit Verden – und was mit dem benachbarten Langwedel – zu tun? Das fragte sich der Langwedeler und ehemalige Verdener Domgymnasiumsschüler Rolf Göbbert.

Freuten sich gemeinsam über die gelungene Lesung in Daverden: v.l.n.r. Erhard Brüchert (Autor), Theda Henken (Vorsitzende des Daverdener Kulturvereines), Ingo van Lessen (Klaus Störtebeker an der Gitarre), Flinn van Lessen (Drums) und Rolf Göbbert (Autor).
Seeräuber und Raubritter in Langwedel
Im Rahmen seiner Recherche zu einer Ausstellung zur Burg Langwedel lernte er 2008 Klaus Graf von Mandelsloh kennen, einen Nachfahren der ehemaligen Langwedeler Burgherren. Von ihm bekam Göbbert den Hinweis, dass seine Vorfahren im Mittelalter mit Seeräubern und Raubrittern zu tun hatten.
Göbbert begann zu forschen, ob die eine Legende vielleicht sogar mit der anderen zu tun haben könnte. Doch zur konkreten Frage, ob Störtebeker je in Verden war, fand er wenig Substanzielles. Er stieß jedoch auf zahlreiche Legenden und lernte viel über die Freibeuterei und die hiesige Regionalgeschichte. Nach fast zwei Jahrzehnten verwob er dies alles nun zu einem fiktiven Roman.
Unterstützung bekam er dabei von Erhard Brüchert, dem Autor der Störtebeker-Festspiele in Marienhafe (Ostfriesland), der bereits eine ähnliche Geschichte über das Wirken von Klaus Störtebeker in Ostfriesland verfasst hatte. Während Verden in den Hanse-Dokumenten nicht erwähnt wird, gelten Hamburg, Helgoland und Ostfriesland nachweislich als Wirkungsstätten Störtebekers.
Vitalienbrüder an der Weser
Es gab jedoch laut der Hanse-Chronik zum Ende des 14. Jahrhunderts eine Gruppe Vitalienbrüder, die von der Weser aus operierten und sich vermutlich später in Ostfriesland mit den Vitalienbrüdern um Störtebeker vereinten. Die sogenannten Vitalienbrüder waren Seeräuber, die im 14. Jahrhundert den Handel auf Nord- und Ostsee erheblich störten. Zu ihnen gehörten auch zwei Verwandte des Verdener Bischofs Eberhard von Holle.
Von diesem wird später berichtet, er habe zwölf Totenschädel von Seeräubern gefunden, die am 13. Mai in Emden hingerichtet worden seien und zu denen auch Klaus Störtebeker und sein Kumpane Gödeke Michels gehört hätten. Tatsächlich wurden Störtebeker und Gödeke Michels laut Überlieferung jedoch 1401 und 1402 in Hamburg hingerichtet. Zu Tode kamen laut Geschichtsschreibung hingegen am 11. Mai 1400 in Emden die Verwandten von Bischof von Holle.
Göbbert vermutet, der Bischof habe versucht, seine familiären Verbindungen zu den Seeräubern zu verschleiern und stattdessen die Namen von Störtebeker und Michels ins Spiel gebracht und so die Grundlage für die Legendenbildung um Störtebekers Wirken in Verden gelegt.
Was wäre wenn … ?
Aber vielleicht war alles auch ganz anders – schließlich wird Verden neben vielen anderen Städten auch als möglicher Geburtsort Störtebekers bei Wikipedia aufgeführt. Und vielleicht fand Störtebeker nicht nur Unterschlupf beim friesischen Häuptling Keno ton Broke in Marienhafe, sondern auch bei Statius von Mandelsloh, dem damaligen Burgvogt von Langwedel, fabuliert Göbbert in seinem Buch „Störtebeker verliert Leben und Liebe“.
Bei seinen Vorträgen in Verden und Langwedel-Daverden stellte Göbbert Buch und Recherche vor – und stieß damit auf großes Interesse.
Weitere Lesungen in Achim und Etelsen
Bei beiden Terminen wurde Göbbert unterstützt durch seinen Bruder, den bekannten Musiker Ingo van Lessen, und seinen Neffen Flinn, die unter anderem den Song ‚Störtebeker‘ von der Punkband Slime beisteuerten. Weitere Buchvorstellungen sind am 15. August ab 19 Uhr in Wätjens Klönschnack in Etelsen und am 26. Oktober um 10:30 Uhr im Clüverhaus in Achim geplant.
Ob mit oder ohne Livemusik – die gelungene Mischung aus historischen Fakten, Legenden und Fantasie begeistert das Publikum und liefert Stoff für ein mögliches Störtebeker-Festspiel in Verden, ist Göbbert überzeugt. (uc)