Sechs Abende für eine nachhaltige und gerechte Zukunft
Klimakrise, wachsende soziale Ungleichheit und erstarkende populistischer Bewegungen – wie können wir diesen Herausforderungen begegnen?
Mit dieser Frage haben sich Frederike und Sophie zusammen mit vier anderen Interessierten im Rahmen des überregionalen Projekts „Enkeltauglich leben“ beschäftigt. Von Oktober 2024 bis März 2025 traf sich die Gruppe an sechs Abenden im Haus auf der Wurth in Thedinghausen. Die Spielleiterin sowie eine Teilnehmerin aus Frankreich waren per Videochat zugeschaltet.
Auf spielerische Weise ging es darum, wie jeder einen Beitrag zum Erhalt einer lebenswerten Welt leisten kann – ganz ohne erhobenen Zeigefinger.
Das Prinzip ist simpel: Die sechs Treffen befassten sich mit fünf zentralen Themen und endeten mit einem Abschlusstreffen, bei dem gefeiert wurde. Vor jedem Treffen wurden Aufgaben zum jeweiligen Thema festgelegt, für deren Erfüllung es punkte gab. Jeder Abend begann mit einer Dankbarkeitsrunde, dann wurde von den vorherigen Aufgaben berichtet und Punkte wurden verteilt. Als nächstes wurden das neue Thema und die schon vor dem Treffen überlegten Aufgaben besprochen und verfeinert.
„Es war nie langweilig – es waren immer drei gut gefüllte Stunden, man hatte nie das Gefühl, dass es sich zieht“, findet Frederike. Im Grunde kann jede Person den Kurs organisieren, so wie Frederike es gemacht hat. Alles, was es braucht, sind passende Räumlichkeiten, eine ausgebildete Spielleitung (die man über enkeltauglich-leben.org findet) und 5–10 Teilnehmende.


v.l.: Frederike Kleibrink und Sophie Kaphengst sowie Kristiane und Peter Petersen trafen sich regelmäßig in Thedinghausen, um eine „enkeltaugliche Zukunft “ zu entwickeln.
Die fünf Themen umfassen Demokratie, Menschenwürde, Solidarität, Ökologie und Gerechtigkeit.„Nachhaltigkeit beschränkt sich bei Enkeltauglich leben nicht nur auf Umweltschutz, auch die Gesellschaft ist wichtig, um eine lebenswerte Welt zu erhalten“, erzählt Sophie. Am ersten Abend zum Thema Demokratie hat sich z. B. eine Person im Dorfverein eingebracht hat. Danach war das Thema Menschenwürde dran: „Da hat sich mein Vater, der auch teilgenommen hat, darüber informiert, zu welchen Bedingungen sein Lieblingskaffee produziert wird. Der kommt aus fairem Handel“, erzählt Frederike. Bei der Aufgabe zum Thema Solidarität hat ein Teilnehmer regelmäßiges gemeinsames Kochen und Vorlesen mit Nachbarskindern, teilweise aus Flüchtlingsfamilien, organisiert, um ihnen die Integration zu erleichtern. Das letzte Thema war Ökologie, dort hat eine Teilnehmerin zu Banken recherchiert, die in ihren Richtlinien Investitionen ausschließen, die mit großen Umweltschäden verbunden sind. „Alle fünf Themen sind so groß und unerschöpflich, wir haben versucht, sie greifbarer zu machen und zu gucken, was sie gerade in unserem Leben bedeuten und was wir dafür tun können“, berichtet Sophie.
Kleine Schritte, große Wirkung
Aber können Einzelpersonen überhaupt etwas verändern?
„Meine Mama, die auch teilgenommen hat, ging mit dem Elan in den Kurs: ‚Wir retten jetzt die Welt!‘ Sie hat sich am Anfang riesige Aufgaben vorgenommen, musste dann aber feststellen, dass sie das alleine nicht kann“, erzählt Frederike.
Sophie ergänzt:
„Man kann die Welt nicht alleine retten. Aber ich glaube, dass Enkeltauglich leben schon Kreise gezogen hat. In meinem Freundeskreis fanden viele das Projekt und meine Aufgaben spannend und haben sich vielleicht inspirieren lassen. Außerdem profitiert man persönlich davon – weil man sich vor dem Berg an Ungerechtigkeit etwas weniger machtlos fühlt.“
Nachhaltigkeit, die bleibt
Enkeltauglich leben wirkt im Alltag der Teilnehmenden weiter. So entstand beispielsweise ein gemeinsamer Kinderabholdienst: Wer ein Kind vom Kindergarten abholt, nimmt bei Bedarf auch Kinder anderer Eltern mit – das spart Zeit und stärkt das Miteinander. Viele Teilnehmende sind zur nachhaltig investierenden GLS Bank gewechselt.
Außerdem kaufen Frederike und Sophie nur noch fair gehandelten Kaffee – und genießen diesen regelmäßig gemeinsam, seit sie sich im Kurs angefreundet haben.
Übrigens: Wer weder einen Kurs findet noch selbst organisieren kann, sich aber trotzdem für Nachhaltigkeit einsetzen möchte, der/die kann als Ersatz das Buch dazu auf enkeltauglich-leben.org bestellen, mit welchem sich eine abgespeckte Version des Kurses zu Hause ohne Spielleitung machen lässt. Eine andere Alternative, die kostenlos ist, bietet der Ökologische Handabdruck unter handabdruck.eu, welcher auch Möglichkeiten des nachhaltigen Engagements aufzeigt.